Amazon und die Subunternehmen: Gibt es aktuell eine Kündigungswelle?

    • Amazon und die Subunternehmen: Gibt es aktuell eine Kündigungswelle?

      Moin,

      ich bin Journalistin aus Bremerhaven und beschäftige mich bereits seit einigen Monaten mit Amazon. Aktuell bin ich mit mehreren Subunternehmern des Delivery Service Partner (DSP) -Programms im Gespräch. Und eines ist auffällig: Es scheint so, als würde Amazon momentan sehr vielen Subunternehmern in Deutschland kündigen.

      Meine Frage: Sind das alles Einzelfälle oder gibt es tatsächlich eine Kündigungswelle? Und wenn ja: Warum?

      Viele Grüße aus dem Norden!
    • Ich habe gerade ein deja-vu. Benutze mal die Suche nach Amazon und Aufliegern. Hier sind schon 2 Reporter unterwegs in ähnlichen Themen. Vielleicht bündelt Ihr Eure Kräfte?

      Gestern waren übrigens die earning calls vom Amazon. Letztes Quartal Sch… und unter den Erwartungen und zack Kündigungen.

      Ja, die müssen und wollen sparen.
      Toleranz ist der Verdacht, das der andere Recht hat . Kurt Tucholsky

      Ein chinesisches Sprichwort sagt: Schläfst du ein mit Hintern der juckt, wachst du auf mit Finger der stinkt!
    • Vielen Dank für die Rückmeldung!

      Kannst du mir mehr zu diesen earning calls erzählen? Wie läuft das ab und ist das rechtlich überhaupt möglich die Subunternehmer direkt zu kündigen?
      Und was hat Amazon überhaupt davon, den Subunternehmern zu kündigen? Eigentlich ist das Geschäftsmodell für die doch super: Amazon kann die Verantwortung für alles was falsch läuft auf die Subunternehmen abschieben und die eigenen Hände in Unschuld waschen ...

      Der eine Reporter hier ist mein Chef und der andere gehört einem Recherchenetzwerk an mit denen wir auch zusammenarbeiten. Wir beleuchten das Thema Amazon gerade sehr umfassend ...
    • Moin Luise. Klar kann man einem Unternehmer kündigen. Dein Chef kann dich ja auch kündigen....

      Ansonsten gibst du Ihm so wenig Arbeit bis er Pleite ist.

      Generell ist das Subunternehmer Modell bei Amazon, Hermes etc. zum Scheitern verurteilt. Die suchen bewusst Leute aus dem "Einwanderermilieu", da diese schnell überzeugt werden können und einsteigen.

      Wenn ich mich als deutscher Unternehmer mit Hintergrundwissen bewerbe, werde ich wohl nicht eingeladen....
    • Na ja, wie schnell und einfach man jemandem kündigen kann, hängt ja von den Verträgen ab. Ganz so einfach ist das in Deutschland nicht unbedingt ...

      Tatsächlich ist es auch mein Eindruck, dass viele Subunternehmer einen Migrationshintergrund haben - aber nicht alle. Ich habe bereits mit mehreren gesprochen, die in Deutschland geboren sind und Vorerfahrung im Logistik-Bereich hatten, ehe sie Subunternehmer wurden. Aber eines eint wohl viele Subunternehmer: Sie konnten sich nicht lange halten oder Amazon hat sie gekündigt. Und aktuell scheint es besonders viele Kündigungen zu geben - und da stellt sich eben die Frage: Warum? Will Amazon das Subunternehmer-Modell aufgeben?
    • Natürlich, jeder halbwegs intelligente Mensch wird nicht mit denen oder den anderen Halsabschneidern arbeiten.

      Und ganz Ehrlich, was hat deine Quelle an wirklicher Erfahrung? Fundierte Kenntnisse oder eine Speditionskaufmannslehre?

      Ein paar Jahre bei den Branchengrößen arbeiten heißt nicht man kann was.

      Erst sind alle mit DPD / GLS in die Insolvenz gegangen, dann kam Hermes, nun Amazon...

      Schau mal in die Insolvenzbekanntmachungen. Jede Woche 20 Transportunternehmen, meist UG und nicht älter als ein Jahr.... ruf die mal an für wen die gearbeitet haben. Ich verwette ein Abendbrot bei Fiedlers oder Fisch 2000, das die meisten aus diesem Bereich kommen....
    • thommygera schrieb:

      @Ahnungslos 3.0 bitte übernimm mal. Du kannst das besser.
      Mal sehen, ich versuche es... ;)

      Luise Langen schrieb:

      Kannst du mir mehr zu diesen earning calls erzählen? Wie läuft das ab und ist das rechtlich überhaupt möglich die Subunternehmer direkt zu kündigen?
      Mit Insider-Infos dazu tun wir uns schwer. Es sind weder @thommygera noch ich eingeladen ;) ,sondern die Analysten von Banken und Großinvestoren. Die bekommen in Rahmen der Telefonschalte vom Amazon CFO die aktuellen Zahlen und Gewinnprognosen.
      Die Kündigung von Subunternehmern ist dann eine andere Veranstaltung, die höchst indirekt mit dem earning call zu tun hat: Schlechte Zahlen und Gewinnprognosen = Kapazitäten reduzieren, Kosten senken.
      Also der Effekt von in Peking fällt der Sack Reis um und in Tokyo bekommt wegen der Erschütterungen das Glas einen Sprung.

      Luise Langen schrieb:

      Aktuell bin ich mit mehreren Subunternehmern des Delivery Service Partner (DSP) -Programms im Gespräch. Und eines ist auffällig: Es scheint so, als würde Amazon momentan sehr vielen Subunternehmern in Deutschland kündigen.

      Meine Frage: Sind das alles Einzelfälle oder gibt es tatsächlich eine Kündigungswelle? Und wenn ja: Warum?
      Kann ich nicht sagen, bin nicht in dem Milieu unterwegs.
      Aber eingeordnet in den Kontext mit anderen Nachrichten der letzten Monate:
      - Einbrüche im zweistelligen Prozentbereich bei Amazon
      - Amazon Air akquiriert Fremdaufkommen wegen sinkender Auslastung durch eigenes E-Commerce
      - Schliessungen von Logistikzentren in USA und Großbritannien
      - starker Einbruch bei Stückgutsendungen im B2C Geschäft an Privatkunden in den Speditionsnetzwerken seit Herbst 2022
      lässt es schlüssig erscheinen, dass auch im Amazon-eigenen Ausliefersystem für Pakete in Deutschland die auf permanentes Wachstum ausgerichteten Kapazitäten angepasst werden müssen und DSP weniger Touren bekommen oder ganz rausfallen, wenn es die Vertragsgestaltung hergibt (Kündigungsfristen, Nichterfüllung von Leistungsindikatoren etc.)


      Luise Langen schrieb:

      Tatsächlich ist es auch mein Eindruck, dass viele Subunternehmer einen Migrationshintergrund haben - aber nicht alle.
      Mehrheitlich Newcomer mit Migrationshintergrund, die mit Amazon teilweise rasant gewachsen sind. Aber vom alteingesessenen biodeutschen Kurierdienstunternehmer bis zu großen Playern im Transportmarkt, die Amazon-Paketauslieferung diskret in Tochterunternehmen betreiben, ist alles dabei.

      Luise Langen schrieb:

      Das System Amazon: „Moderne Sklaverei“ in Bremerhaven


      Diesen Artikel habe ich bereits über Amazon und die Subunternehmen geschrieben. In dem Artikel geht es primär um die Arbeitsbedingungen der Fahrer. Jetzt interessiere ich mich für die Perspektive der Subunternehmer ...
      Ich bin kein Freund von Amazon und werde es auch nicht werden.

      Aber die teilweise ideologisch getriebene empörungsfreudige Dämonisierung von Amazon, die sich in verkaufsträchtigen Schlagwörtern wie Sklaverei und Ausbeutung medial vermarkten lässt, wird dem auch nicht gerecht.
      Manchmal hat man den Eindruck, die Informationen werden bei der so getriebenen Investigativrecherche nicht immer richtig eingeordnet (siehe Thread zur Correctiv-Recherche)
      Die Reportage von ihrem Kollegen Christian Lindner zu den in BRHV geparkten Trailern nehme ich davon ausdrücklich aus, die ist unaufgeregt und perfekt durchrecherchiert (haben wir von hier auch ein wenig "zugeliefert" ;) )


      Luise Langen schrieb:

      Aber eines eint wohl viele Subunternehmer: Sie konnten sich nicht lange halten oder Amazon hat sie gekündigt. Und aktuell scheint es besonders viele Kündigungen zu geben - und da stellt sich eben die Frage: Warum? Will Amazon das Subunternehmer-Modell aufgeben?
      Meine Einschätzung: nein!
      Dass in so einer Situation bei den Subunternehmern "durchgeforstet" wird, ist normal. Das macht jedes Unternehmen. Egal ob Amazon, ein mittelständischer Sped. oder ein Unternehmen in einer völlig anderen Branche.
      Das obere Drittel steht nie zur Disposition, bis man an den Mittelbau geht, müssen Zahlen und die Prognose schon sehr düster sein. Aber im unteren Drittel wird sortiert: Wer bei Qualität, Zuverlässigkeit, Kommunikation, Seriösität eine schlechte Bilanz hat, oder schlicht und einfach die Chemie nicht passt, wird als erstes aussortiert. Im Boomzeiten konnte man auch auf die nicht verzichten und hat sie mitgezogen.

      Mitleid mit den Betroffenen ist unangebracht:
      Das sind Unternehmer, per Gesetz Vollkaufleute und deshalb nicht schutzbedürftig.
      Wer die unternehmerische Entscheidung trifft, sich ganz oder weitgehend von einem Auftraggeber abhängig zu machen, muss mit den Konsequenzen leben.

      Zu den betroffenen Arbeitnehmern: Wir haben in der Logistikbranche immer noch Arbeitskräftemangel. Vielleicht ist momentan bei Paketfahrern der Arbeitsmarkt nicht mehr ganz so aufnahmefähig, aber in anderen Bereichen mit niedrigen formalen Einstiegshürden, wie Umschlag und Kommissionierung, werden immer noch motivierte Leute gesucht.


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      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Ahnungslos 3.0 ()

    • Verdi will Verbot von Subunternehmern in der Paketbranche

      verkehrsrundschau-plus.de
      Als AG bekomme ich eigentlich beim Wort VERDI immer Hautauschlag, aber diesen Vorschlag kann man mal zu Ende denken. M.M.n. wird man diesen Dumping-Sumpf nicht anders austrocknen können.
      Ohne Subs kommt aber keiner in der Realität aus, aber 51% Eigenfuhrpark sollte möglich sein. Das dann durch den höheren Paketpreis das ganze Onlinehandelssystem ins schwanken gerät, wird unserer Jugend erfreuen. Wenn man zum örtlichen Händler läuft und dort bestellt, ist das viel grüner und ökologischer...
    • Ahnungslos 3.0 schrieb:

      Mit Insider-Infos dazu tun wir uns schwer. Es sind weder @thommygera noch ich eingeladen ,sondern die Analysten von Banken und Großinvestoren. Die bekommen in Rahmen der Telefonschalte vom Amazon CFO die aktuellen Zahlen und Gewinnprognosen.
      aber das können wir "liefern":
      s2.q4cdn.com/299287126/files/d…azon-Earnings-Release.pdf
      s2.q4cdn.com/299287126/files/d…/Webslides_Q422_Final.pdf
      Die Zahlen werden nur nach USA und "international" aufgesplittet, für Deutschland werden keine Zahlen veröffentlicht
      Zitat daraus:
      "International segment sales decreased 8% year-over-year to $34.5 billion, or increased 5% excluding changes
      in foreign exchange rates."
      Auch die 5% plus ohne Wechselkurseffekt sind inflationsbereinigt ein deutliches Minus.

      Beim Gewinn ist es noch drastischer:

      Amazon Quartalszahlen: Gewinneinbruch – Aktie nachbörslich im Minus

      Q4 2021 Nettogewinn 14,3 Milliarden US$ (weltweit)

      Q4 2022 Nettogewinn 0,278 Mrd US$

      und das im Weihnachtsgeschäft ....